Zum achten Mal in Folge wurde Wien zur lebenswertesten Stadt gekürt. Einheimische wie Touristen schätzen das umfangreiche kulturelle Angebot, die zahlreichen Grünanlagen und Parks, die Szeneviertel und die historischen Bauten. Doch neben den klassischen Wien-Touren lohnt sich auch ein Rundgang der anderen Art. Als österreichische Hauptstadt beherbergt Wien alle wichtigen innenpolitischen Institutionen. Politi_Kosmos hat sich für euch auf Exkursion zu den politischen Hotspots begeben. Wie sich zeigen wird, befinden sich die wichtigsten Organe alle zentral in der Innenstadt in der Nähe der Ringstrasse und können bequem zu Fuß erreicht werden.

Haltestelle #1: Das Bundeskanzleramt

Wir starten die Tour am Ballhausplatz Ecke Löwelstraße. Das Bundeskanzleramt ist der Amtssitz des amtierenden Bundeskanzlers Christian Kern. Zusätzlich sind auch Bundesminister Thomas Drozda sowie Staatssekretärin Muna Duzdar hier untergebracht. Das Bundeskanzleramt gliedert sich in sechs Sektionen: Präsidium, Kunst und Kultur, Öffentlicher Dienst und Verwaltungsinnovation, Koordination, Verfassungsdienst und Bundespressedienst. Der Bundeskanzler ist der Vorsitzende der Bundesregierung, gilt aber als gleicher unter gleichen. Demnach kann er anderen MinsterInnen keine Anweisungen geben, schon aber die Regierungsarbeit koordinieren. Auf seinen Vorschlag werden die weiteren Mitglieder der Bundesregierung ausgewählt.   

 

Haltestelle #2: Die Präsidentschaftskanzlei

Gegenüber des Bundeskanzleramtes befindet sich der Amtssitz des Bundespräsidenten. Die Präsidentschaftskanzlei ist Teil der Hofburg und liegt im Leopoldinischen Trakt. Bis 1938 arbeitete der Bundespräsident im heutigen Bundeskanzleramt. Erst mit 1946 zog die gesamte Präsidentschaftskanzlei mit dem damals amtierenden Bundespräsidenten Dr. Karl Renner in die Hofburg um. Der Bundespräsident wird für eine Amtsperiode von sechs Jahren direkt vom Volk gewählt und von der Bundesversammlung angelobt. Dieses Jahr ging Alexander Van der Bellen als Sieger aus den Wahlen hervor. Zu seinen Aufgaben zählen die Bestellung des Bundeskanzlers und der Bundesminister sowie deren Entlassung. Zudem vertritt er die Republik nach außen, schließt Staatsverträge ab und beglaubigt das verfassungsmäßige Zustandekommen von Gesetzen.

 

 

 

 

Haltestelle #3: Der Justizpalast

Der nächste Anlaufpunkt soll der Justizpalast am Schmerlingplatz sein. Vom Leopoldinischen Trakt spazieren wir über den Heldenplatz durch das äußere Burgtor auf die Ringstraße. Vorbei am Naturhistorischen Museum wenden wir uns nach dem Palais Eppstein nach links. Vor uns liegt nun der Grete-Rehor-Park. Auf der anderen Seite der Grünanlage befindet sich der Justizpalast.
Dieses imposante Gebäude aus dem Jahr 1881 beherbergt drei Gerichte sowie zwei staatsanwaltschaftliche Behörden. Diese sind der Oberste Gerichtshof, das Oberlandesgericht Wien und das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien sowie die Wiener Oberstaatsanwaltschaft und die Generalprokuratur.
Der Oberste Gerichtshof ist die höchste und letzte Instanz in der österreichischen Rechtssprechung in Zivil- und Strafrechtsangelegenheiten. Als oberstes Organ der ordentlichen Gerichtsbarkeit sind seine Entscheidungen unanfechtbar und rechtlich bindend. Seine Stellung ist in Artikel 92 der Bundesverfassung verankert. Seit Jänner 2015 gehören 60 Richterinnen und Richter dem OGH an. Ihre Ernennung erfolgt in der Regel über einen Dreiervorschlag des Personalsenats an den Justizminister.
Nicht nur von außen ist der Justizpalast ein eindrucksvoller Bau. Die Empfangshalle ist drei Stockwerke hoch und mit Glas überdacht. In der Mitte befindet sich eine pompöse Haupttreppe, deren Abschluss die aus Marmor gefertigte Statue der Justitia bildet. Das Justiz-Café auf dem Dach bietet einen wunderschönen Rundumblick und ist auf jeden Fall einen Besuch wert.

 

Haltestelle #4: Das Parlament

Vom Justizpalast aus gehen wir den Schmerlingplatz Richtung Ringstraße hinunter. Auf der linken Seite liegt das Parlament. Direkt vor dem Gebäude erstreckt sich eine riesige Brunnenschale mit der über fünf Meter hohen Statue der Pallas Athene. Sie ist die griechische Göttin der Weisheit, des Krieges, des Friedens und der Strategie. In ihren Händen hält sie rechts die Siegesgöttin Nike, links einen Speer.
Im Parlament werden alle zentralen Entscheidungen debattiert und von einer Mehrheit des Parlaments beschlossen. Das Parlament besteht aus zwei Kammern. Das ist zum einen der direkt gewählte Nationalrat und zum anderen der Bundesrat, der von den Landtagen entsandt wird.
Der Nationalrat gilt als die vorrangige Kammer, besteht aus 183 Abgeordneten und wird für eine fünfjährige Periode gewählt. Alle Abgeordneten zusammen bilden das Plenum, dessen primäre Aufgabe es ist, Gesetzesentwürfe einzubringen, zu diskutieren und letztlich zu beschließen.
Der Bundesrat ist die Interessensvertretung der Länder und wird daher auch oft als Länderkammer bezeichnet. Die 61 Mitglieder haben ein Vetorecht gegen Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates, welches in den meisten Fällen jedoch nur suspensiv, also aufschiebend,wirkt.
Nationalrat und Bundesrat bilden zudem gemeinsam die Bundesversammlung. Ihre Funktion liegt unter anderem in der Angelobung des Bundespräsidenten.

Haltestelle #5: Das Rathaus
Die letzte Station unseres politischen Rundgangs soll das Rathaus sein. Vom Parlament gehen wir Richtung Universitätsring. Während sich auf der rechten Seite das eindrucksvolle Burgtheater befindet, erstreckt sich das Rathaus direkt gegenüber. Das Rathaus ist der Sitz der Regierung und Verwaltung des Landes Wien. Der Bürgermeister und Landeshauptmann hat hier seinen Sitz, ebenso wie der Gemeinderat, der Landtag und der Stadtsenat. Auch das Magistrat der Stadt Wien mit seinem Direktor und den Stadträten sind hier untergebracht.

Der groß angelegte Rathausplatz mit seinem dazugehörigen Park lädt das gesamte Jahr über zu unzähligen Veranstaltungen ein.

 

 


Text und Bilder von Bundeskanzleramt, Präsidentschaftskanzlei, Justizpalast © Barbara Schuster
Bild von Parlament und Rathaus © Politikos