Arbeitszeitflexibilisierung: Debatte um 12-Stunden-Tag

Arbeitszeitflexibilisierung: Debatte um 12-Stunden-Tag

 

Die Bundesregierung hat ihren Initiativantrag auf Arbeitszeitflexibilisierung eingebracht. Dieser soll eine Anhebung auf einen 12-Stunden-Arbeitstag möglich machen. Das Gesetz soll noch im Juli verabschiedet werden. Gegenwind gibt es von der SPÖ und der Gewerkschaft.


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ohl die Wirtschaftskammer als auch die Industriellenvereinigung fordern schon lange eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten – nun steht diese kurz bevor. Beim Arbeitszeitflexibilisierungsgesetz handelt es sich um eine Anhebung der täglichen Arbeitszeit von den bisherigen acht Stunden auf eine tägliche Arbeitszeit von zwölf Stunden.
Gemäß der Regierung soll weiterhin der 8-Stunden-Tag als gesetzliche Norm bestehen bleiben. Auch wenn die Regierung auf dieser Normalarbeitszeit beharrt, erlaubt der Gesetzesentwurf, dass 60 Wochenstunden zum Normalfall werden könnten.

 

Begutachtung im Wirtschaftsausschuss

Am vergangenen Donnerstag, den 14. Juni hat die Regierungskoalition aus ÖVP und FPÖ einen entsprechenden Gesetzesentwurf als Initiativantrag in den Nationalrat eingebracht. Für dieses Gesetzesvorhaben soll es keine reguläre Begutachtungsphase geben, lediglich eine Ausschussbegutachtung im Wirtschaftsausschuss ist vorgesehen. Durch die Beauftragung an den Wirtschaftsausschuss versucht die Regierung sich einer langen Debatte im Sozialausschuss seitens der Sozialpartner zu entziehen. Der abschließende Beschluss des Gesetzes im Nationalrat soll bereits Mitte Juli vonstatten gehen. Das neue Arbeitszeitflexibilisierungsgesetz soll nach Plan mit 1. Jänner 2019 in Kraft treten.
Die Regierung erklärt als Ziel des Arbeitszeitflexibilisierungsgesetzes eine „Anpassung an die modernen Lebensverhältnisse und Lebenswelten”, sowie mehr Freiheiten, Freizeit und verlängerte Wochenenden. Weiters will man mit dem neuen Arbeitszeitflexibilisierungsmodell „Auftragssicherheit durch die Abdeckung von Spitzenzeiten” gewährleisten. Als weiteres Motiv wird eine „Entkriminalisierung der täglichen Arbeitszeithöchstgrenze bei freiwilliger Gleitzeit auf zwölf Stunden“ angegeben. Keine Änderungen soll es beim Thema Zuschläge geben, diese sollen weiterhin bei 50 Prozent bleiben. Die beiden Regierungsparteien haben sich beim Gesetzesentwurf laut eigenen Angaben an einem Sozialpartner-Papier aus dem Jahr 2017 orientiert.
 

Ablehnung aus “überwiegend persönlichen Gründen”

Der Gesetzesantrag beinhaltet, dass die neunte und die zehnten Arbeitsstunde nicht mehr zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart werden, sondern lediglich die elfte und zwölfte Überstunde. Gerade für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit All-In-Verträgen kann die Anhebung der Höchstarbeitszeit negative Auswirkung auf ihr Entgelt haben. Sie erhalten am Monatsende einen Pauschallohn, in dem Überstunden bereits inkludiert sind.
Ein Ablehnungsrecht im Bezug auf die elfte und zwölfte Arbeitsstunde seitens der Arbeitnehmer soll es geben, sofern „überwiegend persönliche Gründe” wie etwa Kinderbetreuungspflichten vorliegen. Daneben sollen pro Kalenderwoche nicht mehr als 20 Überstunden erlaubt sein und es darf in einem Zeitraum von vier Monaten die Durchschnittsarbeitszeit von 48 Wochenarbeitsstunden nicht überschritten werden, denn dies wäre nicht EU-konform.
 

Zustimmung durch Betriebsrat hinfällig

Natürlich gibt es den 12-Stunden-Tag schon jetzt in verschiedenen Branchen. In diesen ist die Anhebung der Höchstarbeitszeit möglich, sofern dies zur Verhinderung eines „unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils” dient (§7 Abs. 4 Arbeitszeitgesetz). Unternehmen müssen in diesem Fall Kollektivvertragsparteien und das Arbeitsinspektorat über die Betriebsvereinbarung informieren.
Dazu braucht es aktuell noch die Zustimmung des Betriebsrates sofern in einem Unternehmen ein Betriebsrat vorhanden ist, oder ein arbeitsmedizinisches Gutachten. Zukünftig wird aus diesem System einer gewerkschaftlichen Betriebsvereinbarung, welches von Fall zu Fall entscheidet, ein allgemeines Gesetz.
Durch das Arbeitszeitflexibilisierungsgesetz wird die Einführung des 12-Stunden-Tages für Unternehmen erleichtert. Die Arbeitergeberseite muss keinen wirtschaftlichen Nachteil im Betrieb mehr nachweisen und es bedarf keiner Zustimmung durch einen Betriebsrat.

Für jene Branchen mit Schichtdiensten, wie etwa im Pflegebereich, braucht es dem Kollektivvertrag entsprechende Regelungen mit einer Zustimmung der Gewerkschaft. In diesen Fällen werden meist Gegenleistungen zwischen Branche und Gewerkschaft ausverhandelt.
Der Gesetzesentwurf der Regierungskoalition möchte den 12-Stunden-Tag auf alle Branchen ausweiten. Mit den neuen Plänen zur Arbeitszeitflexibilisierung fallen diese Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern ebenfalls künftig weg.

 

Unklarheiten bei Gleitzeitmodellen

Gewerkschaft, Arbeiterkammer und die Oppositionspartei SPÖ stellen sich bisher klar gegen die Arbeitszeitflexibilisierungspläne der Regierung. Sie befürchten, dass sich die über drei Millionen Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich künftig nicht mehr gegen Überstunden wehren können, aus Angst vor Jobverlust oder Verminderung ihrer Aufstiegsmöglichkeiten.

Überdies enthalten viele Dienstverträge bereits die Verpflichtung zu Überstunden. Kritisiert wird weiter, dass gerade in kleineren Unternehmen ohne Betriebsrat Überstunden künftig wie zuschlagsfreie Gleitzeit verrechnet werden können und so Arbeitnehmer um ihre Zuschläge gebracht werden. Laut Arbeiterkammer werden zukünftig wohl für neue Arbeitsverhältnisse solche Gleitzeitvereinbarungen getroffen werden. Wie es aber mit bestehenden Gleitzeitvereinbarungen aussieht ist noch nicht geklärt. Derzeit arbeiten in Österreich eine Million Menschen in Österreich in solchen Gleitzeitmodelllen.

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